Suizid: «Ich will sterben» – Der Freitod fordert Massnahmen
In Deutschland ist eine «4-Jahres-Studie» zum Thema Suizid erschienen. Deren Fazit lautet: «Mehr Suizide in Deutschland / Meiste Selbstmörder in Österreich & Schweiz» (Quelle: Lifepr.de). Die Studie wurde mitten in eine aktuelle Diskussion zum Thema Selbstmord veröffentlicht, deren Auslöser der Freitod des ehemaligen deutschen Fussballbundesliga Profis Timo Konietzka ist. Was sind die Gründe für den Freitod und mit welchen Massnahmen kann er verhindert werden?
Der Freitod erfordert Massnahmen

Weshalb nimmt sich ein Mensch das Leben?
Die Gründe sind vielseitig. Die «4-Jahres-Studie» zum Thema Suizid nennt Schicksalschläge als möglichen Grund.
Der Preis unseres Wohlstandes ist eine ausgeprägte Leistungsgesellschaft, in der immer mehr Menschen auf die Dauer nicht mehr genügen können.
Auch wird immer mehr Wert auf Selbstbestimmung gelegt. Und man will niemandem zur Last fallen. Wo das Sozialleben leidet, wo Stress und Leistungsdenken gefördert werden, nimmt die Einsamkeit zu.
Einsamkeit und Gefühle von Nutzlosigkeit
Der ehemalige Sozialethikprofessor Dr. Hans-Balz Peter von der Universität Bern nennt in einem Interview mit Radio Lifechannel ein paar Gründe für einen Freitod. Besonders junge Männer würden weniger in einer Gruppe über ihre Probleme sprechen (siehe auch «Einsamkeit der Männer») und bevorzugten Zurückhaltung mit ihren Fragen. Die wirtschaftliche Entwicklung übe einen grossen Druck aus.
Wer nicht genügend Erfolg habe und an den äusseren, wie auch inneren Erwartungen scheitere, neige zu Suizid.
Die Studie zeigt auf, dass auch ältere Menschen zunehmend Suizid begehen. Wer sich ein Leben lang über die Leistung definiert hat, kommt sich plötzlich nutzlos vor. Das Gefühl, im eigenen Umfeld überflüssig zu sein, verstärkt sich.
Ein sozial intaktes Umfeld wirkt präventiv gegen Suizid.

Ein soziales Umfeld wird präventiv gegen Suizid.
Präventivmassnahmen – Suizid verhindern
Professor Hans-Balz Peter nennt als mögliche Präventivmassnahmen die Schaffung von niederschwelligen und unkomplizierten Anlaufstellen, besonders für Männer. «Gelegenheit macht Suizide» so der Honorarprofessor für Sozialethik mit besonderer Berücksichtigung von Wirtschafts- und Entwicklungsfragen. Er bezieht sich damit auf die relativ einfache Beschaffungsmöglichkeit von Waffen. Würden diese Gelegenheiten verringert, gäbe es proportional weniger Selbstmorde, so Peter.
Auch ein sozial intaktes Umfeld wirkt präventiv.
Regionale Hotpoints, wie hohe Brücken oder steile Mauern, könnten mit Sicherheitsmassnahmen entschärft werden.
Kommentar
Bei Angehörigen und Freunden hinterlässt der Verlust eines geliebten Menschen tiefe Wunden und bohrende Fragen. Warum nimmt sich jemand das Leben? Das ist eine Frage, die wohl nur die betroffene Person selbst beantworten könnte. «Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest», dieser Beziehungsratgeber von Eva-Maria Zurhorst wurde zum Bestseller. Es geht darin zwar nicht um Suizid, doch der Verdacht liegt nahe, dass mit dem «Liebe dich selbst …» auch ein Lösungsansatz in Bezug auf die sehr hohe Suizidrate da wäre.
Das Motto, sich selbst zu lieben, soll nicht einfach als billige Lösung am Schluss dieses Artikels platziert werden. Doch es ist ein Ansatz, den wir schon unseren Kindern regelmässig vermitteln sollten. Leider geht er dann und wann unter, vor lauter leistungsorientiertem Denken und Handeln.
Liebe ist eine der besten Methoden, sich selbst annehmen und mit dem Leben umgehen zu können.
Liebe und Annahme sind es, die gute Leistung aus voller Motivation erst ermöglichen. Liebe schafft Beziehung, fördert Offenheit und konstruktives soziales Verhalten. Der Weg dazu ist nicht ganz einfach – besonders nicht in einer leistungsorientierten Welt wie der unsrigen. Jeder Suizid ist wie eine Aufforderung, anstelle von Einsamkeit mehr Gemeinschaft zu leben und anstelle von Leistung mehr Liebe zu fördern.
Das ist sowohl eine Frage des Einzelnen, als auch der ganzen Gesellschaft!
Andreas Räber, GPI®-Coach
© Christliche-Lebensberatung.ch –überarbeitet 12.3.2020 (ar)

Suizid: Warum wolltest Du nicht leben?
Theologin Sabrina Müller schreibt offen über Zweifel & Fragen. Wie ein Hammer trifft Sabrina Müller die Nachricht, dass ihre Freundin dem Leben ein Ende gesetzt hat. Das kann nicht sein … Zehn Jahre nach diesem Ereignis beginnt Müller – inzwischen Theologin – ihre Erfahrungen in einem Blog zu reflektieren. Daraus entsteht das Buch «Totsächlich – trauern und begleiten nach einem Suizid».
Es war eine sehr interessante Sendung am Samstag. Es gibt mir viel Trost zu spüren, dass es anderen genau so geht und man nicht allein ist in dieser Situation.
Feedback eines Fernsehzuschauers.