Burnout: Krise als Chance wahrnehmen – anders denken und handeln
Kein persönliches Versagen. «Sinn vermittelt Kräfte, Sinnlosigkeit aber entzieht sie. Das ist ein wesentlicher Grund für das Ausbrennen, das so viele Menschen in der modernen Zeit beklagen.» (aus W. Schmid: Glück. Alles, was sie darüber wissen müssen, und warum es nicht das Wichtigste im Leben ist). Burnout – wir müssen lernen anders zu denken und zu handeln.
«….ich hatte doch so gekämpft – nun ist alles vorbei, zerstört. Es hat sich nicht gelohnt, wofür habe ich mich so aufgeopfert? Ich empfand eine völlige Leere und Sinnlosigkeit und hatte überhaupt keine Kraft und Energie mehr – so wie sich das ein Nichtbetroffener nie vorstellen kann. Jeder Gedanke an die Zukunft war für mich purer Horror……» (S.H. – Name der Redaktion bekannt)
Burnout ist kein persönliches Versagen, sondern eine Gefahr für die seelische Gesundheit in unserer (Arbeits-) Welt, die jeden treffen kann. Weil Burnout-Kandidaten sich nicht eingestehen, dass ihr Körper oder ihre Seele erschöpft ist, drehen sie in ihrem Hamsterrad oft so lang weiter, bis der Körper mit einem völligen Zusammenbruch reagiert. Oft trifft es sehr engagierte Personen.
Burnout – Krise als Chance – Symtome, Umgang, Erfahrungen.
Die Fallen Perfektionismus und Bewunderung
Rückblickend meint Elizabeth Goode (siehe Linktipps am Ende dieses Artikels), eine Betroffene, dass sie immer gedacht hätte, perfekt sein zu müssen. Sie meinte, den Eltern oder andern etwas beweisen zu müssen.
Sie wollte gefallen, denn ihr Selbstwert hing von der Bewunderung anderer Menschen ab.
Dadurch, dass sie allen zeigen wollte, dass sie nicht unnütz war, gab sie sich so, wie sie im Innersten eigentlich gar nicht war. So lebte sie lange eine Art Doppelleben.
Ein Burnout entwickelt sich – schleichend …
Burnout ist ein Erschöpfungssyndrom, das sich meist schleichend über längere Zeit durch Überforderung entwickelt. Es ist mehr als ausgelaugt sein und um einiges komplexer. Auch prominente Leute bleiben davon nicht verschont, wie z. B. der Ex-Skispringer Sven Hannawald. Er kehrte dem Skispringen den Rücken, weil er sich den Strapazen des Spitzensports nicht mehr aussetzen wolle. Mit Sänger Robbie Williams, Schauspieler Owen Wilson (Starsky and Hutch, Marley und ich) und dem Schweizer Fussballnationaltrainer Ottmar Hitzfeld sind nur einige Promis mit Erschöpfungserfahrungen genannt (Quelle: wz-newsline.de). Auch das Abwehr-Ass von Eintracht Frankfurt, Martin Abedick, wurde wegen Erschöpfungszuständen von seinem Verein freigestellt (Quelle: Bild.de).
Betroffenheit der Angehörigen und Freunde
Für Partner und nahe stehende Freunde ist dies eine schwierige Phase. Sie wollen helfen und unterstützen den Betroffenen manchmal so lange, bis sie selbst erschöpft sind. Sie realisieren nicht, dass der Burnout-Kandidat dadurch noch länger «aushält».
Jemanden in seinem Leistungswahn zu unterstützen ist gut gemeint, aber eher destruktiv. Auch wenn es schwer fällt, wird die Abwärtsspirale des Burnout-Kandidaten schneller gestoppt, wenn man als Partner nicht mitzieht, das heisst das Verhalten nicht noch fördert.
Ein Burnout ist immer ernst zu nehmen. Professionelle Hilfe beizuziehen ist ein Muss!
Burnout: Symptome erkennen, handeln!
Symptome eines Burnout
Dass man nach getaner Arbeit erschöpft ist und die Batterien wieder aufladen muss, ist ein normaler Vorgang. Wenn aber auf keine erdenkliche Art Erholung möglich ist, wird es gefährlich: Chronische Müdigkeit, seelische Erschöpfung, körperliche Beschwerden, psychische Veränderung sowie Änderung im Verhalten sind Symptome eines Burnout.
Betroffene ignorieren meist über längere Zeit erste Anzeichen. Und je länger sie Kraft finden, durchzuhalten, desto schlimmer können die Auswirkungen sein.
Ursachen / Auslöser eines Burnout
Zum Krankheitsbild gehört das Herunterspielen von Erschöpfungssymptomen. Vermutlich spielt oft die Angst eine grosse Rolle, als Versager dazustehen oder nach einer Behandlung nicht mehr in den alten Job zurückkehren zu können.
Für S.H. war es eine riesige Erleichterung, bald nach ihrem Zusammenbruch die Gewissheit zu haben, nicht mehr in den Beruf als Lehrerin zurückkehren zu müssen. Auch heute, mehrere Jahre nach ihrem Zusammenbruch, meidet sie Schulhäuser und Orte, wo viele Kinder sind– obwohl sie diese so sehr liebt.
So verschieden Auslöser für ein Burnout auch sind, bestätigen Wissenschaftler, dass ein Burnout immer infolge chronischen Stresses entsteht. Entweder im sozialen Umfeld, wie z. B. in Familie und Partnerschaft oder im beruflichen Umfeld mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten. Auch Eigenschaften der Hierarchiestruktur einer Firma, Belohnungssysteme oder administrative Zwänge können Stressoren sein.
Kombination verschiedener Faktoren
Zudem können auch grosse Verantwortung, hohe Arbeitsmengen, Termindruck und ständige Überforderung, aber auch die Angst, den Job zu verlieren, ein Burnout begünstigen. Nicht zu unterschätzen ist auch schlechte Teamarbeit und fehlende soziale Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten sowie ausbleibender Dank, fehlende Bestätigung und Wertschätzung.
Eine Kombination von verschiedenen Faktoren führt zu einer Vielzahl an Kränkungen, so dass «die psychischen Selbstheilungskräfte» des Betroffenen immer mehr geschwächt werden.
Um sich zu schützen, zieht er sich zurück, wird frustrierter, zynischer, missmutiger oder aber er arbeitet mit noch mehr Einsatz, noch perfekter noch länger. Und über längere Zeit nisten sich ungünstige Denkmuster ein. Eine Situation wird von jedem Menschen unterschiedlich wahrgenommen. Was für die einen noch zu bewerkstelligen ist, ist für andere längst schon «grenzüberschreitend».
Das folgende Verlaufsmodell zeigt den Burnout Prozess bezogen auf die Symptome (Quelle: Bjoern-husmann.de):
- 1 . Idealistische Phase:
Grosse Begeisterung, hohes Engagement, Selbstüberschätzung, ehrgeizige Ziele, Überidentifikation mit der Arbeit.
- 2. Stagnationsphase:
Enttäuschungen, weil Erfolge ausbleiben und dadurch innerer Rückzug. Erhöhtes Bedürfnis nach Komfort und Freizeit, Flucht in das private Glück. Manchmal aber auch noch mehr Aufopferung für den Beruf und dadurch kaum mehr Zeit für private Kontakte.
- 3. Frustrationsphase:
Hier wird einem die eigene Erfolglosigkeit bewusst und seine Ohnmacht gepaart mit Reibereien, z.B. gegen bürokratische Vorgaben, «Seilschaften» unter Kollegen oder nervende Vorgesetzte. Dazu kommt das Empfinden mangelnder Anerkennung oder das Gefühl von Inkompetenz. Dies führt zu Resignation, Verbitterung, Selbstzweifeln oder auch zur «inneren Kündigung». Dazu kommen psychosomatische Beschwerden, depressive Verstimmungen, eventuell Suchtverhalten. Daraus resultieren geringe Arbeitsmotivation und Leistungsabfall.
- 4. Die apathische Phase:
Diese Phase geht einher mit schrittweiser Desillusionierung und einem Gefühl des Gefangenseins oder der Ausweglosigkeit und führt zu einer immer grösser werdenden Gleichgültigkeit. Das Gefühl für die eigene Person geht verloren, es folgt eine innere Leere und schlussendlich der völlige Zusammenbruch.
Wer ist gefährdet?
Wer etwas erreicht, erntet Applaus. Wer in den Augen der Gesellschaft zu wenig leistet, wird verachtet. Oft wird die eigene Identität stark mit dem Erfolg in einer Erwerbstätigkeit verknüpft.
Menschen, die «alles richtig machen wollen», mit hohen Leistungsansprüchen an sich selbst, gekoppelt mit hohen Versagensängsten, sind Burnout gefährdet – unabhängig von ihrer Position.
Oft haben solche Menschen sehr hohe berufsbezogene Erwartungen und können schwer nein sagen. Gleichzeitig sind sie aber auch sehr misstrauisch andern gegenüber. Zudem gestehen sie sich die benötigten Bedürfnisse der Erholung nicht wirklich zu und ignorieren Zeichen und Warnsignale des Körpers.
Und wie kommt man aus der Abwärtsspirale wieder heraus?
Zuerst einmal braucht es Geduld. Man sagt, dass die Erholungs-/Regenerationsphase mindestens halb so lang daure wie die Entstehungsphase des Burnouts. Es ist wichtig, dass Betroffene gut über das Burnout-Syndrom aufgeklärt werden und Schritt für Schritt ein Umdenken stattfindet. Zudem macht es Sinn, unter Beachtung der jeweiligen beruflichen und privaten Situation sowie der individuellen Fähigkeiten, einen Behandlungsplan zu erarbeiten.
In der Regel sind folgende Schritte angesagt:
- Entschleunigung (oder je nach Zustand sich ganz herausnehmen aus der krank machenden Situation)
- Förderung der Bereitschaft zur Übernahme von Selbstverantwortung (u.a. wegkommen vom Gedanken der Opferrolle)
- Identifikation und Nutzung von «Kraftquellen» im zwischenmenschlichen Bereich (Team, Familie, Freunde, Selbsthilfegruppen, Supervision), d.h. Kontakte und soziales Netz pflegen, Rückmeldung und Unterstützung holen.
- Förderung der Selbstfürsorge (aktiv «Zufriedenheitserlebnisse» schaffen)
- Förderung der Selbstfürsorge (aktiv «Zufriedenheitserlebnisse» schaffen)
- Ausbau von Entspannungs- und Regenerationskompetenz
- Verbesserung von Zeit- und Selbstmanagement, eventuell Kurse in Stressbewältigung.
Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass jede Situation individuell betrachtet werden muss und jeder Betroffene seinen Weg sucht, der für ihn stimmt und diesen dann auch verfolgt.
S.H. schaffte es nicht einmal mehr, selbst einen Arzttermin zu vereinbaren
Ist der Betroffene bereits in einer Phase der völligen Erschöpfung, ist er womöglich nicht mehr in der Lage, irgendetwas für die Veränderung seines Zustandes zu unternehmen.
S.H . schaffte es nicht einmal mehr, selbst einen Arzttermin zu vereinbaren. Als sie endlich Bereitschaft zeigte, Hilfe anzunehmen, war ihr eine sofortige Unterstützung durch ihre Schwester sehr wichtig.
Betroffene müssen dann möglichst von Druck und Leistungserbringung entlastet werden. über längere Zeit angestaute Probleme, Verhaltensweisen und Denkmuster lösen sich nicht von heute auf morgen und Geduld ist angesagt.
Wie S.H. erwähnt, begleitet sie das Bekämpfen der «alten Denkmuster» wohl für den Rest des Lebens – natürlich in unterschiedlicher Intensität.
Deshalb ist es ratsam, oft unerlässlich, wenn der Patient seine Situation nachhaltig verändern will, dass er sich kompetente professionelle Begleitung sucht. Ob dies ambulant geschieht oder eventuell in der Akutphase in einer Klinik, ist individuell abzuwägen.
Das Schlimmste war die Ungewissheit
«Das Schlimmste am Burnout waren die vielen Jahre der Ungewissheit, wie viel an Kraft wohl wieder zurückkommen wird. Es war ein unbeschreiblich zermürbendes und frustrierendes Gefühl nach 15 Stunden Schlaf und den ganzen Tag nichts tun mich kein bisschen erholter zu fühlen. Diese permanente Erschöpfung, die nie aufzuhören schien, möchte ich nie mehr erleben müssen! Das Positive am Burnout ist, dass es mein Leben völlig verändert hat. Es ist für mich nicht selbstverständlich, dass ich das heute so sagen kann und ich bin dafür unendlich dankbar!» S.H.
Elizabeth Goode ist Informatikerin und Mutter von vier Kindern. Jahrelang geht sie an und übers Limit ihrer Leistungsfähigkeit, selbst Mutterschaftsurlaube zieht sie nicht ein: Die sind was für Schwächlinge, findet sie. Offen erzählt sie über ihren Weg ins Burnout und zurück ins Leben.
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© Christliche-Lebensberatung.ch – überarbeitet 20.2.2020 (bs/ar)