Vergebung unter der Lupe
Wie schnell sagt man zu jemandem: «Es tut mir leid». Gibt es einen tieferen Sinn, als nur um schnell mal um Verzeihung zu bitten? Was genau bedeutet «Vergebung»? Die griechische Übersetzung sagt: «fortgehen lassen», etwas «loslassen», z. B. wenn man jemandem eine Schuld erlässt, ohne eine Rückzahlung einzufordern. Dabei geht es hauptsächlich um uns selbst. Das wir frei werden. Doch können wir vergeben? Von ganzem Herzen? Das ist gar nicht so leicht und braucht immer die Bereitschaft aller betroffenen Parteien.
Die Themen im Überblick:

Und wenn man nicht vergeben kann?
«Ich möchte ja vergeben, aber ich kann es nicht.» Vergebung ist nicht einfach. Verletzungen sind schmerzhaft und verhindern eine unbelastete Beziehung. Gott ermutigt uns genau darum zu Vergebung/Versöhnung. Auch Jesus Christus spricht im «Vater unser»:
«Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern…» Matthäus-Evangelium 6,9-13.
Daraus wird deutlich, es braucht immer eine Partei, die den ersten Schritt macht.
Vergebung praktisch
Vergebung bedeutet nicht nachtragend zu sein. Das klingt einfach. Doch das geht nun mal nicht so schnell und einfach. Besonders bei schweren Vergehen. Ja, alle machen Fehler. Wir sind auch froh, wenn uns der Andere vergibt. Unstimmigkeiten sollten so schnell wie möglich bereinigt werden. Denn aufgestauter Ärger kann mit der Zeit zu Verbitterung führen und unserer Gesundheit empfindlich schaden. Doch manchmal ist es nicht einfach. Der Kopf weiss wie es gehen könnte.
Was im Körpergedächtnis gespeichert ist, kann allerdings ganz schön hartnäckig sein.
Vergebung und Versöhnung sind das Resultat eines Prozesses, und das im doppelten Wortsinn.
Voraussetzungen
Vergebungsbereitschaft und Versöhnungsbereitschaft sind Vorbedingungen, wenn man Frieden sucht.
Machen wir kurz einen Abstecher in die Justiz: Vor Gericht wird bei einem Streitfall der Tatbestand so genau wie möglich geschildert. Dann können beide Seiten Stellung nehmen. Und der jeweils andere hört zu. Ohne sich gleich zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Anschliessend wird das Strafmass festgelegt. Und erst jetzt kann sich das Opfer entscheiden, ob es vergeben will. Und der Täter, ob er bereuen will. Diese beiden Entscheidungen legen fest, wie die Beziehung weitergehen und ob eine Versöhnung stattfinden kann.
Dieser Vorgang kann mit einem Brückenbau verglichen werden. Vergebung ist die eine Brückenhälfte und Reue die andere. Manchmal glauben wir, die Sache abkürzen zu können. Vergeben, bevor die Sache überhaupt richtig benannt ist.
Unsere Seele kann in Sachen Gerechtigkeit sehr empfindlich reagieren und sollte nicht übergangen werden.
Es lohnt sich, den ganzen Prozess zu wagen.
Wann ist eine Schuld vergeben?
Bei einem durchschnittlichen Ausmass an Schuld ist nach einer solchen «Verhandlung» der Weg zueinander wieder frei. Das Geschehene steht nicht mehr dazwischen stehen und soll auch nicht mehr erwähnt werden. Weder in Worten, noch in Gedanken.
Man kann erleichtert weitergehen. Was aber nicht heisst, dass man die geschehene Tat ignoriert. Oder wie selbstverständlich eine nächste in Kauf nimmt.
Die Beziehung macht eine Art Neuanfang und kann frei wieder aufgebaut werden. Und das kann harte Arbeit bedeuten, wenn man die gleichen Abläufe nicht immer wieder erleben will. Dabei kann es auch mal Hilfe von aussen beanspruchen.
Wie bereits erwähnt, müssen beide Parteien ihre Seite der Versöhnungsbrücke bauen.
Es ist aber jedem selbst überlassen, ob er diese dann auch überschreitet. Bei schweren Fällen kann dies vielleicht nicht sofort geschehen oder auch ganz unmöglich sein. Vergebung heisst nicht zwangsläufig, dass die Beziehung fortgeführt werden muss.
Mehr zum Thema Vergebung auf christliche-Lebensberatung.ch
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