Die Theodizee ist eine theologische Theorie, die versucht, Antworten auf die Frage zu beschreiben, wie ein guter, gerechter und allmächtiger Gott eine Welt erschaffen konnte, die so viel Leid, Ungerechtigkeit und Übel enthält.
Die Frage beschäftigt die Menschheit schon seit vielen Jahrtausenden. Bereits die alttestamentarische biblische Geschichte des Hiob (Ijob) behandelt diese Frage: «Weshalb duldet ein guter, gerechter Gott, dass einem guten, gottesgläubigen Menschen Böses widerfährt.»
Hiobs Freunde in der biblischen Geschichte sind der Ansicht, dass es dem Gerechten immer gut geht und nur der Gottlose von Gott durch Leiden bestraft wird. Dem rechtschaffenen, gottesfürchtigen Hiob widerfährt das Leid jedoch nicht als Strafe. Trotz seiner Unschuld, nimmt der fromme Hiob sein Schicksal und das Leid, das ihm widerfährt, an, ohne Gott zu verfluchen und bleibt ihm treu ergeben.
In der Bibel finden sich auch an anderen Stellen Hinweise darauf, dass Gott den Menschen durch Übel und durch damit verbundenem Leiden dazu bringen möchte, den Weg zu ihm zu finden. Es könnte sich dabei also sozusagen um eine Art göttliche Erziehung zum Glauben und zu spirituellem Wachstum handeln.
Weil wir einen freien Willen haben
Ich habe die schwierige Frage «Warum lässt Gott Leid und Übel, Krankheit und Ungerechtigkeit in unserer Welt zu?» in den letzten Wochen mit vielen Freunden und Bekannten diskutiert. Dabei traf ich bei einer meiner Freundinnen einen wunden Punkt. Bei ihrem Patenkind Isabell* waren nämlich nur wenige Tage zuvor Herz und Atmung stehen geblieben. Das Mädchen lag im Koma auf der Intensivstation, musste künstlich beatmet werden.
Und es stellte sich ganz akut die Frage nach dem «Warum?». Sie hatte in dem Augenblick keine Antwort auf meine Frage.
Der Tenor der anderen Befragten war: «Wir haben uns das Leid auf dieser Welt selbst zuzuschreiben und sollen daraus lernen.»
Durch Leiden finden wir zu Gott
Vier Wochen sind vergangen, seitdem die kleine Isabell* zusammengebrochen ist. Und ein Wunder ist geschehen, für das seither viele Menschen gebetet, aber an das zwischenzeitlich keiner mehr geglaubt hatte. Isabell hat sich zurück ins Leben gekämpft, konnte das Kinderkrankenhaus verlassen und erholt sich momentan in einer Rehabilitationsklinik. Ihr Vater, der aufgrund des Vorfalls zwischenzeitlich zwei Tage in der Psychiatrie verbringen musste, weil man Angst hatte, dass er sich aus Verzweiflung das Leben nimmt, begleitet sie. Isabell kann alleine im Rollstuhl sitzen, erinnert sich wieder an ihre Adresse, hat bereits einen Löffel Pudding gegessen, sagt morgens «Guten Morgen, Papa!». Ab nächster Woche soll sie wieder Schulunterricht bekommen. Sie möchte gerne mit Mathematik beginnen.
* Name geändert
Autorin: Jasmin Taher
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